Wir verklagen die Bundesregierung auf Stopp der Förderung von Klimakiller-Dienstwagen, Tempolimit und massiven Ausbau von Bahn und ÖPNV.

Deutsche Umwelthilfe, 26.08.2022

Mobilität in der Metropolregion - nicht gerade Bundesliga

Eine Podiumsdiskussion macht die Probleme der Verkehrswende im „Speckgürtel“ deutlich. Das 9-Euro-Ticket helfe nicht bei ihrer Lösung, sind sich die Experten einig

Anika Würz, Hamburger Abendblatt, 01.07.2022, Seite 17

Kreis Pinneberg. Bei einer Podiumsdiskussion ging es um die ganz großen Fragen in puncto Verkehr. Warum es die Menschen in Zukunft wieder aufs Land ziehen könnte und was das für die Öffis bedeutet.

Nicht nur Homo Sapiens seien wir, sondern auch „Homo Mobilis“ - mobile Menschen, angewiesen auf den Verkehr. Das ließ der Hannoveraner Verkehrsexperte Holger Busche kürzlich im Saal des Gemeindehauses der Pinneberger Christuskirche verlauten. Der Anlass: eine Podiumsdiskussion zwischen ihm, Prof. Dr. Jürgen Oßenbrügge vom Institut für Geographie der Universität Hamburg und Regionalplaner Guido Sempell.

Die Veranstaltung vor einer eingeschworenen, gut informierten und kritischen Gemeinde von Bürgerinnen und Bürgern hatte Jochen Hilbert initiiert. Er ist Mitglied des Verkehrsclubs Deutschland und Gründer einer Bürgerinitiative gegen die geplante Erweiterung der Autobahn 23. Seine neuerlich veranstaltete Podiumsdiskussion legte den Schwerpunkt auf die Raumplanung in der Metropolregion Hamburg sowie die Zukunftsfähigkeit des Verflechtungsraums.

Was deutlich wird im Pinneberger Gemeindesaal: Die drei geladenen Experten bewerten den Ist-Zustand eher negativ. Oßenbrügge von der Universität Hamburg etwa meint, die Metropolregion spiele im Vergleich mit den Mobilitätskonzepten im Ruhrgebiet oder in Süddeutschland nicht gerade weit oben mit: „Das ist wie mit dem HSV. Das ist keine Bundesliga, die wir hier haben, sondern eher der Versuch, etwas zu machen.“ Guido Sempell, seit 19 Jahren Regionalplaner in der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, macht dafür mangelhafte Organisation verantwortlich. Statt fester planerischer Strukturen gebe es in der Stadtplanung vor allem informelle Zusammenschlüsse, deren Entscheidungen auf Freiwilligkeit und Überzeugungen basieren. „Die Länder müssen ihre Regionalpolitik annähern“, fordert Sempell deshalb. „Sie müssen sich aufeinander zu bewegen. Denn die Frage eines Planungsverbands ist eine Frage der Länder.“

Besonderes Augenmerk legten die Referenten - ebenso wie die Bürger in ihren zahlreichen Rückfragen - auf den Status der Region Pinneberg als „Speckgürtel“ der Metropolregion. Denn wie Oßenbrügge sagt, herrscht „derzeit eine Dynamik, den Autoverkehr in der Kernstadt zu reduzieren, und im Außenbereich gibt es noch immer eine starke Autoaffinität.“ Sempell schließt sich dem an - und bringt vielfältige Maßnahmen aufs Tapet, die der Tendenz entgegenwirken könnten. Fahrradgaragen, der Rückbau von Autostellplätzen und die Taktverdichtung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nennt er. „Die AKN sollte einen S-Bahn-Takt haben“, sagt er. Auch die Ansiedlung von Gewerbe in der Nähe von Haltestellen könne den Menschen am Stadtrand den ÖPNV schmackhaft machen.

Das könnte sich lohnen, zumal die drei Experten von einer neuen Welle der Suburbanisierung sprechen, also davon, dass die Menschen wieder vermehrt aus den Städten in das Umland ziehen. Vielleicht haben wir eine Trendwende aufgrund der Pandemie-Erfahrungen, Lockdown und Homeoffice“, mutmaßt Oßenbrügge. Wer von zu Hause arbeiten kann und weiß, wie sich eine Quarantäne in der beengten Stadtwohnung anfühlt, zieht womöglich lieber aufs Land. Dort wiederum lebt es sich ohne Privatwagen schlecht. „Dann könnte es über die Pandemie eine Aufwertung des Autos geben“, so Oßenbrügge. Immerhin hat der Autofahrer im Kreis Pinneberg derzeit einen enormen zeitlichen Vorteil gegenüber Bus- und Bahreisenden. „Der motorisierte Individualverkehr darf aber nicht wieder Träger der Mobilität werden. Das funktioniert nur, wenn wir Alternativen bieten“, so der Professor.

Dass die Einführung des 9-Euro-Tickets in die richtige Richtung weist, bezweifeln die Podiumsdiskutanten. Das Billett sei eine nette Sache, aber fragwürdig, ob der gemeine Bahnreisende damit nun nach München fahren können müsse. Ein von der Politik nicht vollständig durchdachter Laborversuch - das sei das 9-Euro-Ticket. „Aber: Die günstigen Fahrpreise entfalten natürlich eine Wirkung, genauso wie teurer Diesel eine Wirkung entfaltet“, gibt sich Oßenbrügge optimistisch.

artikel/2022-07-01

Stegner und Trampe: Das sind die zentralen Themen für Rellingen

Hans-Joachim Kölln, shz.de, |29.06.2022

Ralf Stegner hat mit Rellingens Bürgermeister Marc Trampe und Christian Zimmermann von der SPD vor Ort über die wichtigen Themen der Gemeinde gesprochen.

Wie sein Vorgänger Ernst Dieter Rossmann auch, will der SPD Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner sein Versprechen einlösen: Er will den engen Kontakt zu den Kommunen seines Wahlkreises pflegen. Am Mittwoch (29. Juni) fand daher ein Austausch zwischen ihm, Christian Zimmermann, dem Fraktions- und Ortsvereinsvorsitzender der SPD in Rellingen und Bürgermeister Marc Trampe (parteilos) statt.

Im Rahmen eines anschließenden Pressegespräches mit shz.de machten die drei Politiker eine Standortbestimmung zu den Kernthemen, überschrieben mit: Ortskernentwicklung, Mobilität und Klimaschutz.

Unterstützung für die Kommunen

Bei Gesprächen wie diesen geht es in der Regel darum, dass einerseits Bundespolitiker wie Stegner sich über die aktuellen Brennpunkte und das lokale Geschehen an der Basis informieren. Ebenfalls geht es um die Frage, wie ein Bundespolitiker eine Kommune in ihren Vorhaben unterstützen kann.

Seinen immer noch guten Draht zur Landespolitik in Kiel sieht Stegner dabei von Vorteil, denn oft seien für eine effiziente Umsetzung von Gesetzen und Verordnung der Bund und das Land gleichermaßen in der Pflicht.

Stegner berichtete, dass ein kürzlich stattgefundener Besuch bei der Caspar Voght Schule (CVS) ihm vor Augen führte, dass Rellingen in Sachen Bildungsangebot, auch im Bereich der Digitalisierung, recht gut aufgestellt sei. Allerdings sei Schleswig-Holstein in der Entwicklung der offenen Ganztagsschule (OGTS) leider eher ein Schlusslicht:

„Der Bund gibt das Geld, aber fachlich zuständig bleibt das Land. Und 2026 kommt bald.“ Ralf Stegner (SPD), Bundestagsabgeordneter

Damit gemeint ist die gesetzlich verpflichtende Einführung der OGTS an allen Grundschulen. Hier sehe er letztlich für Karin Prien (CDU), Bildungsministerin im Land, Handlungsbedarf: „Da muss das Bildungsministerium in die Gänge kommen.“ Prien, so Stegner, habe doppelten Grund, sich in ihrem Wahlkreis um die personelle und konzeptionelle Ausgestaltung der OGTS zu kümmern.

Klima und Ortsentwicklung

Wie eng ein lokales Ortsentwicklungskonzept mit dem Klimaschutz verzahnt ist, wurde anhand einiger Bespiele in Rellingen deutlich. Einerseits, so berichtete Trampe, habe Rellingen seit Sommer vergangenen Jahres einen Klimabeirat und ein erstes sichtbares Zeichen werde die Installation einer großen Fotovoltaik-Anlage auf der CVS sein.

Die Dachfläche im Rosenkamp-Quartier ohne Fotovoltaik – eigentlich nicht zeitgemäß. Foto: Hans-Joachim Kölln

Dazu Zimmermann: „Die SPD war eigentlich immer hinterher, möglichst viele Dächer mit Fotovoltaik auszurüsten.“ Dass im neuen Quartier Rosenkamp kein einziges Dach eine Fotovoltaik-Anlage vorweisen kann, dass, so Zimmermann, sei eigentlich ein Anachronismus und dürfe nicht mehr passieren. Trampe ergänzte, dass in der Bauleitplanung für das Gebiet an der Kellerstraße (B.-Plan 72) genau dies bereits berücksichtigt wurde.

Die Pläne für den Ausbau der A23 sehe Stegner persönlich als erledigt an. Insbesondere nachdem, anders als der Bau der A20, das Thema nicht einmal im Koalitionsvertrag der CDU und den Grünen im Land Erwähnung fand.

Für eigene Pläne zu Autobahn-Auffahrten oder -brücken braucht Rellingen Planungssicherheit vom Land.

Trotzdem. Was Kommunen wie Rellingen unbedingt bräuchten, um eigene Planungssicherheit zu erreichen, wären vor allem klare Stellungnahmen vom Land. Beispielsweise hinsichtlich der A23 für eigene Planungen von Auffahrten oder Brücken.

Öffentliche Verkehrswege

Für Stegner seien der Ausbau des ÖPNV sowie das dritte und vierte Gleis zwischen Pinneberg und Elmshorn ohnehin vorrangig ein Thema der Mobilität. Für Rellingen sei die Frage der Radwege derzeit eher Gegenstand von Planungen, zählte ergänzend Trampe auf. Dabei seien unter anderem der Rad-Schnellweg von Elmshorn nach Hamburg über die Kellerstraße oder die Verbindung zwischen Pinneberg und Schnelsen über die Hamburger Straße zu nennen.

Dass die CDU in Rellingen die absolute Mehrheit hält, sieht Stegner in der Frage des Klimaschutzes kaum noch als Hemmschuh: „Das Klima unterscheidet nicht nach Parteien. Der Druck wird enorm zunehmen, sodass wir den Klimaschutz umsetzen müssen.“ Gerade hierzu habe ja die CDU in Kiel eine Menge an Zugeständnissen gegenüber den Grünen machen müssen.

Allein der Druck aufgrund steigender Energiepreise zwinge die gesamte Politik zu konsequentem Handeln. Und Zimmermann ergänzt mit Hinweis auf die kommenden Kommunalwahlen: „Sicherlich wird das Thema Klimaschutz in den Wahlkampf einfließen und Mehrheiten müssen ja so nicht bleiben.“

artikel/2022-06-29

[Stegner und Trampe: Das sind die zentralen Themen für Rellingen]

Planer halten A23-Ausbau für alternativlos

Experten legen bei Infoveranstaltung neue Verkehrszahlen vor. Kritiker argumentieren, es gebe andere Lösungen

Burkhard Fuchs, Hamburger Abendblatt, 24. 06.2022

Kreis Pinneberg. Der geplante sechsspurige Ausbau der Autobahn 23 von Tornesch bis Eidelstedt, der bis 2030/35 realisiert werden soll, ist nach Einschätzung von Experten dringend notwendig. Zwei Verkehrsplaner, die jetzt im Auftrag der Autobahngesellschaft Deges ihre neuesten Berechnungen zu den Verkehrszahlen im Rellinger Hof vorgestellt haben, unterstützen diese Einschätzung.

Demnach wäre die sechsspurig ausgebaute A 23 im Bereich Pinneberg-Mitte-Süd und Halstenbek-Krupunder - Eidelstedt mit bis zu 4900 Fahrzeugen pro Stunde morgens und abends im Berufsverkehr schon zu rund 90 Prozent ausgelastet. Die Gegner des Ausbaus argumentieren, wenn stattdessen auf den öffentlichen Schienenverkehr gesetzt werden würde, sodass genügend Pendler in die Bahn umsteigen könnten, wären die zusätzlichen Fahrstreifen auf der A 23 überflüssig.

Politiker und Bürger haben bereits zahlreiche Vorschläge unterbreitet

Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) hatte bereits im vorigen Jahr zu mehreren Planungswerkstätten für den etwa 30 Kilometer langen A-23-Abschnitt Tornesch – Eidelstedt eingeladen. Bürgermeister, Kommunalpolitiker, Anwohner, Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen konnten dabei ihre Vorschläge einbringen. Das betraf die Streckenführung, den Lärmschutz, die Radverkehrsplanung entlang der Autobahn und vor allem auch die Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen der Zufahrts- und innerörtlichen Straßen, wenn die A 23 verbreitert werde. Da wurden Autobahndeckel in Rellingen gefordert, wie es sie jetzt auf der A 7 in Hamburg gibt. Breitere Brücken sollten den abfließenden Verkehr besser aufnehmen und den Radverkehr mit neuen Verbindungen verbessern helfen. Auch breitere Rampen-Auf- und Abfahrten wurden dabei diskutiert.

Fertigstellung der A 20 und A 26 könnte Entlastung bringen

Diese zum Teil recht konkreten Vorschläge seien jetzt noch nicht berücksichtigt, erklärte Deges-Projektleiter Benedikt Zierke. Das würde im nächsten Schritt geschehen. »Wir sind jetzt noch nicht einmal in der konkreten Vorplanung«, sagte er. Die werde nächstes Jahr mit ersten Bohrungen an der Autobahn beginnen, und 2025 solle dann das formale Planfeststellungsverfahren für die A 23 eingeleitet werden, erläuterte der Deges-Chefplaner. Dann würden auch mögliche Mobilitätskonzepte für den Rad- und Fußverkehr und der Kreuzungsbau in die konkreten Planungen einfließen. Jetzt gehe es um die zu erwartende Verkehrsdichte, die ja vor allem den Ausbau der A 23 begründen soll, und die Ausschreibung der ersten Verkehrsanlagen und benötigten Bauwerke.

Und so stellte Christoph Schulze, Verkehrsplaner der PTV-Group aus Karlsruhe, seine Verkehrsprognose für die A 23 im Jahr 2030 vor. Demnach würde der Verkehr ohne den sechsstreifigen Ausbau auf der A 23 im Vergleich zu heute sogar um fünf bis zehn Prozent abnehmen. Weil einige Autofahrer und Pendler die dann vorhandenen alternativen Strecken über die A 20 mit Elbtunnel bei Glückstadt und die A 26 in Richtung Hamburg nehmen würden, deren Fertigstellung er unterstellte. Mit dem Ausbau seien es aber mit 80.000 bis 100.000 Fahrzeugen am Tag im südlichen Abschnitt zwischen Pinneberg und Hamburg bis zu zehn Prozent mehr Verkehrsdichte, erklärte Schulze. Dabei habe er die Bevölkerungsentwicklung, die vorhandenen Verkehrsräume und auch die politische Vorgabe Hamburgs berücksichtigt, dass der Pkw-Anteil künftig nur noch ein Fünftel aller Verkehrsmittel ausmachen soll.

Konkret bedeute dies, dass zwischen Pinneberg-Mitte und Halstenbek/Krupunder rund 50.000 Fahrzeuge am Tag in Richtung Hamburg führen und zwischen 44.000 und 47.000 Fahrzeuge am Tag in die andere Richtung unterwegs wären. Der Schwerlastverkehr macht dabei zwischen vier und sieben Prozent aus. In Spitzenzeiten, morgens zwischen 6 und 9 Uhr, wären das bis zu 4900 Fahrzeuge je Stunde Richtung Hamburg und nachmittags zwischen 15 und 17 Uhr bis zu 4600 Fahrzeuge je Stunde in Richtung Heide.

Professor Justin Geistefeldt, der seit 2010 an der Uni Bochum einen Lehrstuhl für Verkehrswesen innehat und wie Schulze bereits am sechs- bis achtspurigen Ausbau der A 7 beteiligt war, ordnete mit seinen Berechnungen das prognostizierte Verkehrsaufkommen auf die Auslastung ein. Demnach würde die fix und fertig ausgebaute A 23 in Spitzenzeiten im südlichen Abschnitt mit bis zu 92 Prozent ihrer Kapazität belastet sein. Dies entspräche einer Schulnote von ausreichend, sagte Geistefeldt. Sein Fazit: „Zur Bewältigung des prognostizierten Verkehrsaufkommens ist der Ausbau der A 23 erforderlich.“

Müsste die A 23 dann nicht gleich achtspurig ausgebaut werden, warf ein Kritiker ironisch ein. Worauf Geistefeldt ernsthaft antwortete: »Der sechsspurige Ausbau ist noch auf der sicheren Seite.« Mit Staus bei Unfällen oder Starkregen sei aber zu rechnen. Auch die Wirtschaftlichkeit des Ausbaus sei gegeben. Die Deges geht zurzeit von Baukosten von rund 210 Millionen Euro für die A 23 aus. Der prognostizierte Nutzen würde die Kosten aber um das 2,6-fache übertreffen.

Drittes und viertes Gleis wurden bei den Planungen nicht berücksichtigt

Für Jochen Hilbert vom BUND ist die A-23-Planung in völliger Schieflage. Statt den Straßenverkehr weiter auszubauen, sollte lieber der Schienenverkehr systematisch ausgebaut werden. Das seit vielen Jahren geforderte dritte und vierte Fernbahngleis zwischen Pinneberg und Elmshorn ist von der Deges tatsächlich nicht berücksichtigt worden, weil es nicht im Bundesverkehrswegeplan steht, räumte Schulze auf Nachfrage ein.

Für Hilbert sollte zudem die Vision eines Pendlerzuges von Uetersen nach Barmbek weiterverfolgt werden, mit dem bis zu 12.000 Pendler am Tag auf die Schiene gebracht werden könnten, wenn der alle zehn Minuten fahren würde, sagte er und berief sich dabei auf einen Experten. Das Verkehrsministerium hat in seinem Schienenverkehrsplan für einen stündlichen Zug 1200 Fahrgäste am Tag errechnet.

Hilbert: »Die Bahn ist völlig unterfinanziert. Wir brauchen eine andere Mobilitätsgesellschaft.« Wenn Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll, dürften keine neuen Autobahnen mehr gebaut werden. Der gerade von Schwarz-Grün verabschiedete Koalitionsvertrag in Kiel sehe vor, dass der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs auf 25 Prozent aller Verkehre in etwa verdoppelt werden soll. Ähnlich sieht es die Bürgerinitiative 23, die „einen sofortigen Stopp der Ausbaupläne zur Erweiterung der A 23“ fordert. Für Rellingens Bürgermeister Marc Trampe sollte der A-23-Ausbau auf jeden Fall eine Verbesserung des innerörtlichen Verkehrs mit sich bringen.

artikel/2022-06-24

[Planer halten A23-Ausbau für alternativlos]

Verkehrswende: Experten fordern länderübergreifende Planung für Metropolregion

Michaela Eschke, shz.de, 22.06.2022

Der Metropolregion Hamburg fehle es an Entscheidungskompetenzen, um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Sinne der Verkehrswende voranzubringen. Das sagten Verkehrsexperten während einer Diskussion in Pinneberg.

Der Großraum Hamburg inklusive des Kreises Pinneberg benötigt eine bessere Raumplanung. Anders sei die Verkehrswende nicht zu schaffen. Darin waren sich Veranstalter und Redner der Podiumsdiskussion „Verflechtungsraum Hamburg“ im Gemeindehaus der Christuskirche einig. Besonders kritisiert wurde, dass die Metropolregion Hamburg keine bindenden Entscheidungen treffen kann.

Entscheidungen der Metropolregion Hamburg sind nicht bindend

So wie die Metropolregion Hamburg, eine Verwaltungskooperation zwischen Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, zurzeit organisiert ist, sei eine zukunftsfähige Regionalplanung nicht zu leisten. Das erläuterte Guido Sempell, seit 19 Jahren Regionalplaner für die Stadt Hamburg.

Es fehle an Gesetzen, die Kompetenzen an die Metropolregion überträgt. „Beschlüsse sind immer informell, es wird auf Freiwilligkeit gesetzt“, erläuterte er. Verantwortlich bleiben nicht nur die Ministerien der vier Länder, sondern auch die zuständigen Institutionen auf Kreis- und Gemeindeebene.

„Da gibt es immer Leute, die nach vorne wollen, und welche, die auf der Bremse stehen, so ist die Mobilitätswende nicht zu vollziehen.“ Guido Sempell Regionalplaner in der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung

Erst kürzlich eingerichtet worden sei ein Gremium, das sich um den „Verflechtungsraum“ im engeren Hamburger Umfeld kümmern soll. Das Gebiet umfasst auch den Kreis Pinneberg. Dieses Planungsgremium nimmt zwar einen engeren Radius unter die Lupe. „Aber auch hier sind die Ergebnisse unverbindlich“, berichtet der Stadtplaner.

Professor kritisiert „Siedlungsbrei“ und fordert verbesserte Raumplanung

Jürgen Oßenbrügge, Professor für Wirtschaftsgeografie an der Uni Hamburg, kritisierte, dass die Raumplanung lange Zeit vernachlässigt wurde. Das Achsenkonzept, vor über hundert Jahren erstmals entstanden, sehe Besiedelung und Infrastruktur entlang fester Achsen vor. Ab den Siebzigern und Achtzigern, als viele Familien ins Umland zogen, habe sich allerdings ein „Siedlungsbrei“ ergeben, der den Autoverkehr befördert.

Diese „Suburbanisierung“ drohe sich zu wiederholen, denn die Pandemieerfahrung und die Homeoffice-Möglichkeit führe zu einer vermehrten Besiedelung des Hamburg Umlands – bereits zu spüren an den Immobilienpreisen.

„Die Verkehrsproblematik kann in den nächsten zehn Jahren stark ansteigen.“ Jürgen Oßenbrügge Professor am Institut für Wirtschaftsgeografie an der Universität Hamburg

Die meisten Wege liegen in einem Radius von fünf Kilometern

Wie die Mobilitäts-Bedürfnisse der Menschen aussehen, erläuterte der Verkehrsexperte Holger Busche. „Die allermeisten Wege sind kurz“, berichtete der Verkehrswissenschaftler, „die lokale Mobilität ist das, was den Alltag bestimmt.“ Obwohl der Fernverkehr nur ein Achtel der gefahrenen Kilometer ausmache, investiere die Bahn meist in ICEs. Zudem bieten die öffentlichen Verkehrsmittel oft nicht das, was die Menschen brauchen.

Veranstalter Jochen Hilbert (von links), Holger Busche, Jürgen Oßenbrügge und Guido Sempell tauschten sich über die Raumplanung im Großraum Hamburg aus.
Veranstalter Jochen Hilbert (von links), Holger Busche, Jürgen Oßenbrügge und Guido Sempell tauschten sich über die Raumplanung im Großraum Hamburg aus.

Veranstalter Jochen Hilbert (von links), Holger Busche, Jürgen Oßenbrügge und Guido Sempell tauschten sich über die Raumplanung im Großraum Hamburg aus. Foto: Michaela Eschke

Im Kreis Pinneberg werden demnach mehr Bahnhöfe benötigt, insbesondere in Elmshorn mit seinen knapp 50.000 Einwohnern, und gute Radwege zu den Bahnhöfen. Pinneberg sei über die S-Bahn bereits gut angebunden, doch auf der Strecke nach Elmshorn sollten laut Busche die Züge öfter fahren. Von großer Bedeutung sei überdies die Zielführung. „Mit jedem Umsteigezwang verlieren Sie ein Drittel der Fahrgäste“, erklärte er.

Diskussions-Organisator Jochen Hilbert, Mitglied des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und Gründer der „Bürgerinitiative A23 für umweltfreundliche Mobilität“, zieht aus all diesen Infos folgendes Fazit: „Wir müssen uns einlassen auf eine verbindliche Raumplanung, anders hat die Schiene keine Chance. Verwaltungen müssen verstärkt und verbindlich zusammenarbeiten.“ Dazu gehöre auch, Siedlungsschwerpunkte zu bilden.

artikel/2022-06-22

A23-Ausbau: Deges lädt erneut zu Info-Radtour im Kreis Pinneberg

Anja Steinbuch, shz.de, 20.06.2022,

Während die einen planen, die A23 zwischen den Anschlussstellen Tornesch und dem Dreieck Hamburg-Nordwest auszubauen, wollen andere das verhindern. Deshalb gibt es jetzt wieder eine Informationstour – mit dem Fahrrad.

Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), die Bürgerinitiative für umweltfreundliche Mobilität und weitere interessierte Bürger wollen sich erneut mit dem Fahrrad zusammenfinden, um die Streitpunkte unter die Lupe zu nehmen.

Wichtige Knotenpunkte werden besucht

Am 15. Juli bekommen auch diejenigen, die bei der ersten Radtour verhindert waren oder auf der Warteliste standen, die Möglichkeit, den Planungsraum gemeinsam mit den Projektverantwortlichen zu erkunden. Start ist um 17 Uhr in Halstenbek, anschließend werden Projektleiter Dr. Benedikt Zierke und sein Team wie schon beim ersten Termin zu den Prozessabläufen, der Gestaltung von Anschlussstellen und Brückenbauwerken, der Verkehrsplanung während der Bauphase sowie zu den Themen Lärmschutz und Umwelt informieren.

Anmeldung bis zum 4. Juli

Sollten im Anschluss noch Fragen offen sein, können diese in einem persönlichen Gespräch vertieft werden. Für die Teilnahme an der Veranstaltung ist eine vorherige Registrierung notwendig. Interessierte Bürger können sich noch bis zum 4. Juli online unter www.deges.de/a23 anmelden. Darüber hinaus wird auch der Austausch in den Planungswerkstätten fortgeführt.

Weiterlesen unter: Was Sie über den A23-Ausbau zwischen Halstenbek und Tornesch wissen müssen

artikel/2022-06-20

Mehr Schulweg-Sicherheit erst nach dem A23-Ausbau?

Bastian Fröhlig, shz.de, 23.05.2022

Elternvertreter der Bilsbek-Schule fordern ein Geländer an der Autobahnbrücke an der Prisdorfer Straße. Doch das lehnt die Politik vorerst ab.

Ein Geländer an der Autobahnbrücke an der Prisdorfer Straße soll die Sicherheit für Kinder auf dem Weg zur Bilsbek-Schule erhöhen. So lautet die Forderung der Elterninitiative. Doch diese muss sich vorerst gedulden. Der Politik fehlen Zahlen für eine Entscheidung.

„Wir haben uns leider kleinkriegen lassen.“ Uwe Hanspach, SPD-Fraktionsvorsitzender Kummerfeld

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Hanspach betonte in der Sitzung des Bau-, Wege- und Umweltausschusses der Gemeinde Kummerfeld die lange Historie der Diskussion. Bereits 2011 habe die Gemeinde beim Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV) angefragt und Genehmigung für ein Geländer an der Autobahnbrücke erhalten. Die Verkehrsbehörde des Kreises Pinneberg und die Polizei hatten sich dagegen ausgesprochen. „Wir haben uns leider kleinkriegen lassen“, bereute Hanspach die Entscheidung der Gemeindevertretung aus dem Jahr 2013, das Geländer doch nicht zu bauen. „Dabei war, wie jetzt klar ist, der Kreis Pinneberg nie zuständig.“

LBV ist nicht zuständig

„Das Amt Pinnau hat Gespräche mit dem LBV aufgenommen“, berichtete Hanspach. Dort teilte man mit, dass man die Anfrage weder prüfen, noch eine Genehmigung erteilen werde. Zuständig sei die Gemeinde. „Laut derzeitigem Stand wäre lediglich die Beschilderung am Brückenkopf, wonach Radfahrer bedingt durch die Einengung zum Absteigen aufgefordert werden, mit der Verkehrsbehörde des Kreises abzustimmen“, teilte Kerstin Kauntz vom Amt Pinnau mit.

„Wenn ich mir die Vorgaben der Verwaltung anschaue, ist klar, dass wir nicht nur von Materialkosten reden.“ Uwe Hanspach, SPD-Fraktionsvorsitzender Kummerfeld

„Wir werden heute dennoch keinen Beschluss fassen“, erläuterte Hanspach. Ihm fehle eine Kostenschätzung. „Wenn ich mir die Vorgaben der Verwaltung anschaue, ist klar, dass wir nicht nur von Materialkosten reden.“ Dort heißt es: „Als bauliche Umsetzungsverpflichtung muss die Verankerung mit Verbundankern erfolgen, das Geländer, die Fußplatte und die Bolzen müssen beschichtet sein. Die Pfostenabstände und der Abstand zum Betonrand sind nach der entsprechenden Richtlinie auszuführen. Es ist über der Fuge Überbau / Flügel eine Dehnungsfuge anzuordnen.“

„Derzeit macht es wenig Sinn, viel Geld auszugeben.“ Uwe Hanspach, SPD-Fraktionsvorsitzender Kummerfeld

Zudem stellte Hanspach die Frage, was beim 6-spurigen Ausbau der A23, bei der alle Brückenbauwerke abgerissen und ersetzt werden sollen, passierte. „Derzeit macht es wenig Sinn, viel Geld auszugeben“, betonte er. Ragnar Pohl (Grüne) widersprach: „Selbst wenn die Brücke ersetzt wird, dauert es noch einige Jahre.“ Sein Parteikollege Thorsten Lohse sah in dem Geländer sogar eine zusätzliche Verkehrsgefährdung, da der Weg durch das Geländer schmaler werde und er sicher sei, dass Fahrradfahrer nicht absteigen, auch wenn es gefordert werde. „Das sind Schüler. Da müssen wir nur selbst überlegen, wie wir waren, als wir in dem Alter waren. Die werden da durchbrettern. Bei der Brücke werden Kinder nicht absteigen.“

Entscheidung vertagt

Die Fraktionen wollen vom Amt Pinnau nun eine Kostenschätzung oder eine Anpassung der 2011 beauftragten Planungen. Dann soll das Thema erneut beraten werden.

artikel/2022-05-23

Bürgerinitiative hakt nach: So stehen die Parteien im Kreis Pinneberg zum A23-Ausbau

Finn Warncke, shz.de, 02.05.2022

Der geplante A23-Ausbau zwischen Tornesch und dem Autobahndreieck Hamburg-Nordwest sorgt weiter für Diskussionen. Die Bürgerinitiative will das Projekt stoppen, braucht dafür aber auch die Politik.

Es ist eines der dominierenden Verkehrsthemen im Kreis Pinneberg: der Ausbau der A23. Zwischen der Anschlussstelle Tornesch und dem Dreieck Hamburg-Nordwest soll der Verkehr künftig auf sechs statt auf vier Fahrspuren rollen.

Einigkeit über klimafreundliche Mobilität

Die Bürgerinitiative für umweltfreundliche Mobilität will das verhindern. Um das Projekt noch zu stoppen, müsste die Politik mitmachen. Pünktlich zur Landtagswahl ist die Bürgerinitiative deshalb bei den Parteien vorstellig geworden, um zu fragen, was sie von dem A23-Ausbau halten.

Dabei ist die Politik sich grundsätzlich einig darüber, dass es notwendig ist, auf klimafreundliche Mobilität umzustellen, wie die Bürgerinitiative mitteilt. Nur beim Wie unterscheiden sich die Parteien teils deutlich. Gerade in Sachen A23-Ausbau.

Grüne und Linke lehnen A23-Ausbau ab**

Grüne und Linke lehnen das Projekt ab. Das Geld sollte lieber für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Radwege ausgegeben werden. Die beiden Parteien fordern außerdem, dass der Bundesverkehrswegeplan, der 2016 erstellt worden ist, überprüft wird. Darin ist der A23-Ausbau als vordringlicher Bedarf vermerkt.

CDU, FDP, AfD und SSW hingegen wollen den A23-Ausbau nicht weiter auf die lange Bank schieben, wie es die Bürgerinitiative mit einem Moratorium plant. Die SPD will ihre Entscheidung davon abhängig machen, was mit dem weiteren A20-Ausbau und dem Schienennetz passiert. Thomas Losse-Müller, SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, stellt den A23-Ausbau zumindest in Frage.

BI: A23-Ausbau verhindert andere Verkehrsprojekte

Die meisten Mitglieder der Bürgerinitiative wohnen in Rellingen. Die Gemeinde hat vier Zu- und Abfahrten zur A23. Immer wieder staut sich dort der Verkehr. Die Zu- und Abfahrten müssten aus Sicht der Bürgerinitiative dringend entlastet werden. Solange aber weiter der Plan verfolgt wird, die A23 auszubauen, stünden die Chancen schlecht, das solch andere Verkehrsprojekte angegangen werden. „Fragt man heute nach der Umsetzung, lautet die stereotype Antwort: Naja, solange die A23 nicht ausgebaut ist, lohnt sich die innerörtliche Umstrukturierung doch nicht“, kritisiert die Bürgerinitiative.

Weite Teile der Wirtschaft sprechen sich für A23-Ausbau aus

Weite Teile der Wirtschaft sprechen sich für den A23-Ausbau aus. Aktuell sei die Autobahn ein Nadelöhr, durch das der gesamte Lieferverkehr zwischen Skandinavien und dem übrigen Europa hindurch müsse. Weil der Güterverkehr auf der Schiene aber nach wie vor nicht gut ausgebaut ist und eine zweite Elbquerung fehlt, gebe es keine andere Möglichkeit, als die A23 auszubauen.

Die Bürgerinitiative sieht darin weniger ein Problem. Vielmehr sind immer noch viel zu viele Menschen mit dem Auto unterwegs. Statt der A23 sollten der ÖPNV und Radwege ausgebaut werden, damit mehr Pendler auf Bus und Bahn umsteigen.

Machbarkeitsstudie: Autobahn ist zu voll

Dann wäre es auch nicht mehr so voll auf der Autobahn. Das nämlich ist der Grund, warum die A23 überhaupt ausgebaut werden soll. Zu viele Autos, zu wenig Platz. Auf der A23 fahren laut einer Machbarkeitsstudie der Deutschen Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) zirka 88.000 Autofahrer pro Tag im Durchschnitt. Immer wieder kommt es zu Staus. Die Belastungsgrenze liege bei maximal 60.000 Fahrzeugen pro Tag.

Auf dem 15,9 Kilometer langen Abschnitt zwischen Tornesch und dem Dreieck Nordwest soll es deshalb künftig sechs Fahrspuren geben. Die Fahrbahnbreite soll um 36 Meter ausgeweitet werden. Das soll den Verkehr entzerren und Rückstaus, wie etwa an den Anschlussstellen Halstenbek-Krupunder oder Pinneberg-Süd, verhindern.

artikel/2022-05-20

SPD-Spitzenkandidat stellt A23-Ausbau in Frage

shz.de, 14.03.2022

Kreis Pinneberg:Die Pläne für den sechsspurigen Ausbau der A23 zwischen Tornesch und Hamburg gehen voran. Gewinnt die SPD die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, würde sie allerdings die Notbremse ziehen. Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller stellt den Ausbau generell in Frage. Der Herausforderer von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) will, dass der Bahn-Ausbau Fahrt aufnimmt. „Wir müssen möglichst viele Verkehre nach Hamburg rein auf die Schiene kriegen“, sagt Losse-Müller. Das dritte beziehungsweise vierte Gleis zwischen Hamburg und Elmshorn habe Priorität. Den A23-Ausbau sieht er eher kritisch. „Optimierungen beim Bahnverkehr und der Ausbau der A20 werden hier in der Region zu einer Verlagerung von Verkehren führen“, erläutert Losse-Müller. In diesem Kontext müsse das A23-Projekt gesehen werden. Mehr dazu lesen Sie hier.

artikel/2022-03-14

Tempo-Verwirrung auf Autobahnbrücke: Eltern kämpfen weiter für sicheren Schulweg

Tanja Dirbach, shz.de, 10.03.2022

Die Elterninitiative in Kummerfeld gibt nicht auf. Sie fordert eine andere Geschwindigkeit auf der Autobahnbrücke. Für ein kurzes Teilstück ist dort 50 statt 30 Kilometer pro Stunde erlaubt.

Wenn das eigene Kind flügge wird und alleine mit dem Fahrrad fährt, haben so manche Eltern Schweißtropfen auf der Stirn. Schließlich wollen sie ihr Liebstes nach der Schule unversehrt wieder zu Hause haben. Der Weg zur Bilsbek-Schule bietet für die Mädchen und Jungen aus Prisdorf und Kummerfeld aber einige Tücken, zum Beispiel die Autobahnbrücke beim Sportpark. Neuerdings gilt dort für ein kurzes Stück Tempo 50, davor und danach sind 30 Stundenkilometer erlaubt. Die Elterninitiative Sicherer Schulweg befürchtet nun, dass die jungen Radfahrer durch diese Tempo-Verwirrung in Gefahr geraten könnten.

„Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, wenn ein Lkw die Brücke mit Tempo 50 anstatt Tempo 30 überquert.“ Nina Zabel

Die Brücke sei zu den Stoßzeiten morgens und mittags beziehungsweise nachmittags stark frequentiert, berichtet Nina Zabel von der Elterninitiative. Durch das angrenzende Gewerbegebiet werde die Brücke stark von Lkws genutzt. „Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, wenn ein Lkw die Brücke mit Tempo 50 anstatt Tempo 30 überquert“, sagt Zabel stellvertretend für die Eltern, die sich Sorgen machen.

Lkw verunsichern Kinder

„Besonders Kinder der unteren Klassenstufen können sich vom Verkehr auf der Autobahn und von vorbeifahrenden Lkws schnell verunsichert fühlen. Diese Argumente in Summe bergen, unseres Erachtens nach, ein sehr hohes Unfallrisiko und wir sorgen uns massiv um die Sicherheit unserer Kinder“, führt die Mutter aus. Dazu kommt die stärkere Umweltbelastung, wenn das erlaubte Tempo so schnell wechselt.

50 statt 30: Die Elterninitiative, unter anderem bestehend aus Marika Amil (von links), René Schuiszill, Nina Zabel und Cornelia Franke, ärgert sich über die merkwürdige Tempo-Lösung auf der Brücke. Foto: Tanja Dirbach

50 statt 30: Die Elterninitiative, unter anderem bestehend aus Marika Amil (von links), René Schuiszill, Nina Zabel und Cornelia Franke, ärgert sich über die merkwürdige Tempo-Lösung auf der Brücke.
50 statt 30: Die Elterninitiative, unter anderem bestehend aus Marika Amil (von links), René Schuiszill, Nina Zabel und Cornelia Franke, ärgert sich über die merkwürdige Tempo-Lösung auf der Brücke.

Mehrere Nachfragen bei der Politik und Verwaltung hätten bislang zu keiner Änderung geführt, so die Initiative. Auch Bürgermeisterin Erika Koll (SPD) wünscht sich eine Änderung. Bislang sei für das Teilstück über der Autobahn der Bund zuständig gewesen. Die Regelung habe die Kommune nicht selbst ändern können.

Doch nun soll sich das ändern. Die Hartnäckigkeit der Eltern hat sich ausgezahlt. Katja Wohlers, Pressesprecherin des Kreises Pinneberg, teilt auf Anfrage von shz.de zur Verkehrslage vor Ort mit: „Vor einigen Monaten konnte vor der Schule erstmals Tempo 30 angeordnet werden. Um dies auch für den rund 300 Meter langen Abschnitt über die Autobahnbrücke anzuordnen, fehlten bislang die Voraussetzungen. Im weiteren Verlauf der Prisdorfer Straße gilt dann aber wieder Tempo 30.“

Inzwischen hätten sich die Verwaltungsvorschriften geändert. Im Rahmen eines sogenannten „Lückenschlusses“ sei nun auch eine Anordnung von Tempo 30 für das bisher ausgesparte Teilstück über die Brücke möglich. Die Verkehrslenkung werde deshalb in Kürze die Situation vor Ort in Augenschein nehmen und dann – wenn Einvernehmen mit der Gemeinde besteht – auch für den genannten Abschnitt Tempo 30 anordnen. Das Einvernehmen bestehe auf jeden Fall, sagt Koll, die erfreut reagiert über die Nachricht.

Eltern wollen ein Stoppschild am Ossenpad

„Super!“ „Klasse!“ Die gute Nachricht löst auch große Freude bei den Eltern aus, aber wie das so ist bei engagierten Bürgern: Sie haben noch weitere Forderungen. Denn am Ende der Brücke beim Sportpark ist das nächste Problem. Aus Sicht der Initiative müsste an der Kreuzung Prisdorfer Straße/Ossenpad ein Stoppschild stehen. Bislang müssen die Autofahrer nur die Vorfahrt gewähren. Das reicht den Eltern nicht. Denn gegenüberliegend am Auweg steht solch ein Stoppschild. Warum dort und nicht gegenüber an der Straße, die doch durch das Gewerbegebiet so stark frequentiert wird?

An der Kreuzung Prisdorfer Straße/Ossenpad gilt Vorfahrt gewähren. Foto: Tanja Dirbach

An der Kreuzung Prisdorfer Straße/Ossenpad gilt Vorfahrt gewähren.
An der Kreuzung Prisdorfer Straße/Ossenpad gilt Vorfahrt gewähren.

In diesem Fall fällt die Antwort der Kreisverwaltung allerdings nicht zufriedenstellend für die Eltern aus. Es habe bereits einen Ortstermin der Verkehrsbehörde mit der Polizei dazu gegeben, berichtet Wohlers. Das Ergebnis: Ein Stoppschild kann dort nicht angeordnet werden, weil die dafür erforderlichen Bedingungen nicht erfüllt sind. In Zukunft soll aber darauf geachtet werden, dass der Bewuchs der Bankette neben dem Gehweg möglichst niedrig gehalten wird. Auch das hatten die Eltern moniert. Die Situation auf der gegenüberliegenden Seite ist laut Verkehrsbehörde anders zu bewerten. Daher steht dort das Stoppschild.

Leicht zu begreifen ist das nicht: In der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung heißt es allerdings: „Das Zeichen 206 (Stoppschild) ist nur dann anzuordnen, wenn

  1. die Sichtverhältnisse an der Kreuzung oder Einmündung es zwingend erfordern,
  2. es wegen der Örtlichkeit (Einmündung in einer Innenkurve oder in eine besonders schnell befahrene Straße) schwierig ist, die Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf der anderen Straße zu beurteilen, oder
  3. es sonst aus Gründen der Sicherheit notwendig erscheint, einen Wartepflichtigen zu besonderer Vorsicht zu ermahnen (…).“

Die Sicht bei der Ausfahrt aus dem Ossenpadd wird jedoch laut Wohlers in beide Richtungen als ausreichend erachtet. Zudem sei der Ossenpadd ab Ausfahrt des Parkplatzes (Sport- / Kindergarten-Gelände) Teil einer Tempo 30-Zone, das Einbiegen erfolgt damit also auch in eine Tempo 30-Zone. Hinzu kommt, dass es seit Anfang 2017 dort im Kreuzungsbereich keine relevanten, polizeilich aufgenommenen Unfälle gegeben hat.

Besser sieht es bei der Idee aus, die Markierungen an der Kreuzung farblich hervorheben zu lassen.

Die Markierungen sollen farblich markiert werden, so der Wunsch der Initiative. Foto: Tanja Dirbach

Die Markierungen sollen farblich markiert werden, so der Wunsch der Initiative.
Die Markierungen sollen farblich markiert werden, so der Wunsch der Initiative.

Zuletzt war unklar, ob Gemeinde oder Kreis zuständig ist. Wie Kerstin Kauntz, zuständige Mitarbeiterin beim Amt Pinnau, auf Nachfrage von shz.de berichtet, soll eine solche Markierung nun kommen. Sobald die Temperaturen etwas gestiegen und die Einzelheiten mit der Gemeinde geklärt worden sind, soll es losgehen. Kauntz befinde sich seit Monaten im Gespräch mit Kreis, Elterninitiative und Gemeinde, um eine gelungene Lösung für all die Anfragen der Eltern präsentieren zu können. Sie ist froh, dass dies beispielweise bereits bei der Temporegulierung auf der Brücke und der Markierung der Fall ist. Mit bürokratischen Hürden gibt sie sich nicht so leicht zufrieden und will sich weiter einsetzen.

Kommt ein Gitter auf der Brücke?

Offen bleibt der Wunsch der Initiative nach einem zusätzlichen Gitter auf der Brücke. Mit den unterschiedlichen Möglichkeiten will sich die Politik zeitnah beschäftigen, versichert Bürgermeisterin Koll. Unter anderem stellt sich die Frage, ob auf der Brücke künftig nur noch Fußgänger oder auch Radler den Gehweg benutzen dürfen. Es bleibt also spannend für die Elterninitiative. Das Thema ist noch nicht entschieden. Die Gemeinde und das Amt Pinnau beschäftigen sich mit den Möglichkeiten. Auch an dem Thema ist Kauntz aktuell dran.

Freiwillige für Schulwegsicherung gesucht

Jetzt, da es morgens wieder früher hell wird, pausiert auch die Schulwegsicherung der Elterninitiative. Nicht nur Eltern der Grundschüler können mitmachen.

Jeder, der helfen will, ist willkommen. Für den Herbst wünschen sich die Eltern Verstärkung, gern auch Senioren, die noch etwas Zeit erübrigen können. Interessierte können Kontakt aufnehmen per E-Mail an nina.stroeh@gmx.de.

artikel/2022-03-10

Verkehr im Kreis Pinneberg. Bahn-Ausbau, S-Bahn nach Schenefeld, A23: Das wollen die Grünen

Bastian Fröhlig, shz.de, 07.03.2022

Die Grünen setzen sich für den Bau des dritten und vierten Gleises von Hamburg nach Elmshorn ein. Auch wegen des Kriegs in der Ukraine und der hohen Benzinpreise werde der Bahnverkehr eine immer größere Rolle spielen.

Die Grünen haben am vergangenen Samstag (5. März) während der Mobilitätswendekonferenz über die Verkehrsplanung der Zukunft im Kreis Pinneberg diskutiert.

A23-Ausbau, drittes und viertes Gleis zwischen Hamburg und Elmshorn, der Anschluss Schenefelds ans Hamburger S-Bahn-Netz – Anjes Tjarks, Verkehrssenator Hamburg, die Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle, die Kreistagsabgeordnete und Landtagsdirektkandidatin Nadine Mai und Ann-Kathrin Tranziska, Landesvorsitzende und Landtagsdirektkandidatin, nahmen im Gespräch mit shz.de Stellung.

„Die Mobilitätswende darf nicht an den Landesgrenzen aufhören, wenn wir die Klima- und Mobilitätsziele erreichen wollen.“ Anjes Tjarks (Grüne), Verkehrssenator Hamburg

„Als Grüne Politikerinnen und Politiker wollen wir darauf aufmerksam machen, dass wir die Mobilitätswende brauchen“, sagte Mai. Tjarks betonte: „Die Mobilitätswende darf nicht an den Landesgrenzen aufhören, wenn wir die Klima- und Mobilitätsziele erreichen wollen.“

Drittes und viertes Gleis für Elmshorn-Hamburg

Eines der Themen dabei: der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Elmshorn um ein drittes und viertes Gleis. „Das wäre ein richtig großer Ausbau, der etwas bringt. Wir wollen richtig schnell damit sein“, sagte Mai. Zentrale Frage sei, wie man die Anbindung von Knotenpunkten löse.

„Das wäre ein richtig großer Ausbau, der etwas bringt. Wir wollen richtig schnell damit sein.“ Nadine Mai (Grüne), Kreistagsabgeordnete und Landtagsdirektkandidatin

„Ich denke, dass es Priorität hat und schneller gehen wird als erwartet. Die Preise für alle fossilen Brennstoffe steigen“, erläuterte Nestle. Gerade durch die Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine seit es notwendig, die Abhängigkeit vom russischen Öl zu reduzieren. Autoverkehr spiele die wichtigste Rolle beim Verbrauch.

„Jetzt muss auch der letzte verstanden haben, dass wir in die Puschen kommen müssen“, betonte Mai. Tranziska verwies auf Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner (FDP), der alternative Energien angesichts der Ukraine-Krise als „Freiheitsenergien“ bezeichnet hatte. „Der Wandel muss von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis getragen werden. Selbst Herr Lindner denkt mittlerweile um.“

Ausbau für Deutschland-Takt nötig

Eine Umsetzung des Ausbaus der Bahnstrecke sei für 2030 geplant. „Zu spät“, warf Nestle ein. „Dass es eh schon zu spät ist, ist klar, aber acht Jahre sind für das Projekt immer noch ambitioniert“, sagte Mai. Tjarks stellte klar, dass Hamburg entsprechende Voraussetzungen schaffen werde: „Wir wünschen uns als Hansestadt Hamburg, dass von allen Seiten ein vierspuriger Zulauf erfolgt.“

„Wir wünschen uns als Hansestadt Hamburg, dass von allen Seiten ein vierspuriger Zulauf erfolgt.“ Anjes Tjarks (Grüne), Verkehrssenator Hamburg

Ohne die jeweils vier Spuren sei der geplante Deutschlandtakt nicht umzusetzen. „Das hat Priorität – nicht nur bei der Planung, sondern auch bei der Finanzierung“, sagte Tjarks. Ein neuer Bahntunnel soll zwischen Diebsteich und Hauptbahnhof entstehen, dann die Elbbrücken erneuert werden. „Die Fernzüge stehen heute schon ständig im Stau. Es geht nicht ohne Ausbau, wenn wir mehr fahren lassen wollen“, sagte Nestle.

Kommt die S-Bahn bis Schenefeld?

„Wir planen den Ausbau der S-Bahn bis Schenefeld. Das Land Schleswig-Holstein muss nur zugreifen. Wir wollen, dass die Städte in Schleswig-Holstein einen eigenen S-Bahn-Anschluss bekommen“, sagte Tjarks.

Bedeutet: Wenn Schleswig-Holstein zahlt, wird die S-Bahn-Trasse verlängert. Kosten sind noch nicht bekannt. „Die S21, also die Strecke Hamburg-Kaltenkirchen, wird kommen. Beim Thema S32 haben wir Schenefeld mit im Blick, sind aber noch in der Vorplanung, da wir einige Herausforderungen haben. Wir müssen erstmal selbst die Tunnel in Hamburg justieren.“

Eine besondere Herausforderung seien laut Tjarks die Forschungsanlagen Desy und XFEL: „Hochsensible Teilchenbeschleuniger mit Bohrungen verbinden, ist nicht so einfach. S-Bahnen fahren auch nicht ohne Erschütterungen.“

Wie geht es mit der A23 weiter?

Deutschlandtakt, mehr S- und Fernbahnen – ist also die Planung für den A23-Ausbau für die Tonne? „Es sind interessante Ansätze dabei, also ist nicht alles schlecht. Wir hoffen aber, dass die Planung für den generellen Ausbau der Autobahn für die Tonne ist“, sagte Tranziska. Zentrale Probleme seien zu Stoßzeiten die Abfahrten. Diese zu erneuern und zu verbessern sei sinnvoll. Das gelte auch für den Lärmschutz.

„Wenn wir von einer Reduzierung des Individualverkehs ausgehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es eine sinnvolle Investition von Steuergeldern ist.“ Nadine Mai (Grüne), Kreistagsabgeordnete und Landtagsdirektkandidatin

Die Deges hat bisher immer betont, dass der Lärmschutz nicht veränderbar sei, wenn die Autobahn nicht erneuert werde. Die A23 erfülle die heute rechtlichen Grundsätze nicht. Also wäre der Bund gefragt. „Es wurden nicht alle Ausbaumaßnahmen gestoppt, nur weil wir in der Regierung sitzen“, sagte Nestle. Im Rahmen eines Mobilitätsplans sollen aber alle Projekte noch einmal geprüft werden. „Wenn wir von einer Reduzierung des Individualverkehrs ausgehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass es eine sinnvolle Investition von Steuergeldern ist“, sagte Mai.

artikel/2022-03-07

Jahresrückblick

Ausbau der Autobahn 23. Presseberichte des Jahres.

Alexander Schwertner (Projekt A23) ■ Andreas Pauli (CDU) ■ Anja Keller (Grüne) ■ Bendikt Zierke (Projekt A23) ■ Benedict Artman (Fridays for Future) ■ Christoph Bittner (SPD) ■ Dr. Wilhelm Mecklenburg (Rechtsanwalt) ■ Gerhard Carlsson (SPD) ■ Jochen Hilbert (Bürgerinitiative) ■ Klaus-Peter Kussmann (Bürgerinitiative) ■ Ralf Stegner (SPD) ■ Rolf Eigenwald (Bürgerinitiative) ■ Volker Rost (Bürgerinitiative) ■

Der FDP haftet bislang nicht das Image der Partei an, die sich am energischsten für die Verkehrswende engagiert. Ein Medienbericht passt zu diesem Bild. Demnach soll Bundesverkehrsminister Wissing Rechentricks nutzen, um die Fördermittel für das Schienennetz höher erscheinen zu lassen.

ntv 16. April 2022 (Straßenverkehr mehr gefördert? Wissing soll bei Investition in Schienen tricksen)
Christoph Bittner, SPD Halstenbek

Das Verkehrsvolumen müsse insgesamt verringert werden, erläuterte Losse-Müller. „Das muss vor allem in Städten und weiteren verdichteten Räumen geschehen.“ In Kiel, Lübeck und am Hamburger Rand könne der Ausbau von Bus, Bahn und Radwegen sehr viel bewirken. „Da müssen wir am Ende wegkommen vom Auto als Verkehrsmittel.“

Hamburger Morgenpost, 06.01.2022 (SPD-Spitzenkandidat fordern: »Wir müssen weg vom Auto als Verkehrsmittel«)