Mehr Verkehr, Kohlendioxid, Lärm, Feinstaub, Stickstoffoxide und versiegelte Fläche.
Die Autobahn 23 soll auf sechs Spuren erweitert werden, so der Bundesverkehrswegeplan 2030. Dazu müssen alle 25 Brücken abgerissen und neu gebaut werden. Der Umbau soll fünf Jahre dauern. Die Autobahn GmbH des Bundes ist dafür zuständig. Die DEGES GmbH und die RaikeSchwertner GmbH sind Subunternehmen.
Die Bürgerinitiative für umweltfreundliche Mobilität in Rellingen kämpft gegen den Ausbau der Autobahn A23. Kontaktdaten: Jochen Hilbert, Banskamp 11, 25462 Rellingen, Telefon 04101 591007, E-Mail jochen [at] hilbert-rellingen.de
„Da gibt es immer Leute, die nach vorne wollen, und welche, die auf der Bremse stehen, so ist die Mobilitätswende nicht zu vollziehen.“
Von Michaela Eschke | 22.06.2022, 12:54 Uhr
Der Metropolregion Hamburg fehle es an Entscheidungskompetenzen, um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Sinne der Verkehrswende voranzubringen. Das sagten Verkehrsexperten während einer Diskussion in Pinneberg.
Der Großraum Hamburg inklusive des Kreises Pinneberg benötigt eine bessere Raumplanung. Anders sei die Verkehrswende nicht zu schaffen. Darin waren sich Veranstalter und Redner der Podiumsdiskussion „Verflechtungsraum Hamburg“ im Gemeindehaus der Christuskirche einig. Besonders kritisiert wurde, dass die Metropolregion Hamburg keine bindenden Entscheidungen treffen kann.
So wie die Metropolregion Hamburg, eine Verwaltungskooperation zwischen Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, zurzeit organisiert ist, sei eine zukunftsfähige Regionalplanung nicht zu leisten. Das erläuterte Guido Sempell, seit 19 Jahren Regionalplaner für die Stadt Hamburg.
Es fehle an Gesetzen, die Kompetenzen an die Metropolregion überträgt. „Beschlüsse sind immer informell, es wird auf Freiwilligkeit gesetzt“, erläuterte er. Verantwortlich bleiben nicht nur die Ministerien der vier Länder, sondern auch die zuständigen Institutionen auf Kreis- und Gemeindeebene.
Erst kürzlich eingerichtet worden sei ein Gremium, das sich um den „Verflechtungsraum“ im engeren Hamburger Umfeld kümmern soll. Das Gebiet umfasst auch den Kreis Pinneberg. Dieses Planungsgremium nimmt zwar einen engeren Radius unter die Lupe. „Aber auch hier sind die Ergebnisse unverbindlich“, berichtet der Stadtplaner.
Jürgen Oßenbrügge, Professor für Wirtschaftsgeografie an der Uni Hamburg, kritisierte, dass die Raumplanung lange Zeit vernachlässigt wurde. Das Achsenkonzept, vor über hundert Jahren erstmals entstanden, sehe Besiedelung und Infrastruktur entlang fester Achsen vor. Ab den Siebzigern und Achtzigern, als viele Familien ins Umland zogen, habe sich allerdings ein „Siedlungsbrei“ ergeben, der den Autoverkehr befördert.
Diese „Suburbanisierung“ drohe sich zu wiederholen, denn die Pandemieerfahrung und die Homeoffice-Möglichkeit führe zu einer vermehrten Besiedelung des Hamburg Umlands – bereits zu spüren an den Immobilienpreisen.
Wie die Mobilitäts-Bedürfnisse der Menschen aussehen, erläuterte der Verkehrsexperte Holger Busche. „Die allermeisten Wege sind kurz“, berichtete der Verkehrswissenschaftler, „die lokale Mobilität ist das, was den Alltag bestimmt.“ Obwohl der Fernverkehr nur ein Achtel der gefahrenen Kilometer ausmache, investiere die Bahn meist in ICEs. Zudem bieten die öffentlichen Verkehrsmittel oft nicht das, was die Menschen brauchen.
Veranstalter Jochen Hilbert (von links), Holger Busche, Jürgen Oßenbrügge und Guido Sempell tauschten sich über die Raumplanung im Großraum Hamburg aus. Foto: Michaela Eschke
Im Kreis Pinneberg werden demnach mehr Bahnhöfe benötigt, insbesondere in Elmshorn mit seinen knapp 50.000 Einwohnern, und gute Radwege zu den Bahnhöfen. Pinneberg sei über die S-Bahn bereits gut angebunden, doch auf der Strecke nach Elmshorn sollten laut Busche die Züge öfter fahren. Von großer Bedeutung sei überdies die Zielführung. „Mit jedem Umsteigezwang verlieren Sie ein Drittel der Fahrgäste“, erklärte er.
Diskussions-Organisator Jochen Hilbert, Mitglied des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und Gründer der „Bürgerinitiative A23 für umweltfreundliche Mobilität“, zieht aus all diesen Infos folgendes Fazit: „Wir müssen uns einlassen auf eine verbindliche Raumplanung, anders hat die Schiene keine Chance. Verwaltungen müssen verstärkt und verbindlich zusammenarbeiten.“ Dazu gehöre auch, Siedlungsschwerpunkte zu bilden.
Weiterlesen:
2021 | Machbarkeitsstudie |
2022 | Ermittlung der Grundlagen |
2023 | Vorplanung |
2024 | Vorlage Vorentwurf |
2025 | Einleitung Planfeststellung |
2026 | Beginn der 5-jährigen Bauzeit |
Die Referenten waren sich eher einig, dass eine Revitalisierung des bereits von Stadtbaudirektor Schumacher angedachten Achsenkonzepts vor 100 Jahren dringend geboten ist. Das sah damals bereits in einem Raumstrukturkonzept eine Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf leistungsfähige, schienengebundene Verkehrslinien vor. Ein scheinbar alter Hut, der unter dem Eindruck flächenhafter Zersiedlung mit Dominanz des privat gehaltenen Autos brandaktuell wirkt, wenn weiteres Wachstum nachhaltigen Charakter annehmen soll.
Wie die aktuell wirkenden Zeitnachteile des vernachlässigten ÖPNVs im Vergleich zum in den letzten Jahrzehnten privilegierten MIV - auf dem Foto sichtbar eine Isochronenkarte für den Verflechtungsraum Hamburg, blau Schiene, rot Auto – nun möglichst rasch aufgehoben werden können, konnte weniger beantwortet eher nur problematisiert werden.
Auch eine mögliche Verbindlichkeit der Raumplanung nach § 205 BBaugesetz wähnen die Referenten wohl eher noch in ferner Zukunft. Sollte man eine dringende öffentliche Diskussion unterlassen, weil das Thema komplex und die in der Vergangenheit aufgetürmten Hürden groß sind?
Gäste und Referenten waren sich über zwei konzentrierte Stunden eher einig, dass Lösungen dringend angestrebt werden sollten.
Jochen Hilbert, VCD-Nord und BI-A23 für umweltfreundliche Mobilität.
Von Michaela Eschke | 22.06.2022, 12:54 Uhr
Der Metropolregion Hamburg fehle es an Entscheidungskompetenzen, um den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Sinne der Verkehrswende voranzubringen. Das sagten Verkehrsexperten während einer Diskussion in Pinneberg.
Der Großraum Hamburg inklusive des Kreises Pinneberg benötigt eine bessere Raumplanung. Anders sei die Verkehrswende nicht zu schaffen. Darin waren sich Veranstalter und Redner der Podiumsdiskussion „Verflechtungsraum Hamburg“ im Gemeindehaus der Christuskirche einig. Besonders kritisiert wurde, dass die Metropolregion Hamburg keine bindenden Entscheidungen treffen kann.
So wie die Metropolregion Hamburg, eine Verwaltungskooperation zwischen Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, zurzeit organisiert ist, sei eine zukunftsfähige Regionalplanung nicht zu leisten. Das erläuterte Guido Sempell, seit 19 Jahren Regionalplaner für die Stadt Hamburg.
Es fehle an Gesetzen, die Kompetenzen an die Metropolregion überträgt. „Beschlüsse sind immer informell, es wird auf Freiwilligkeit gesetzt“, erläuterte er. Verantwortlich bleiben nicht nur die Ministerien der vier Länder, sondern auch die zuständigen Institutionen auf Kreis- und Gemeindeebene.
Erst kürzlich eingerichtet worden sei ein Gremium, das sich um den „Verflechtungsraum“ im engeren Hamburger Umfeld kümmern soll. Das Gebiet umfasst auch den Kreis Pinneberg. Dieses Planungsgremium nimmt zwar einen engeren Radius unter die Lupe. „Aber auch hier sind die Ergebnisse unverbindlich“, berichtet der Stadtplaner.
Jürgen Oßenbrügge, Professor für Wirtschaftsgeografie an der Uni Hamburg, kritisierte, dass die Raumplanung lange Zeit vernachlässigt wurde. Das Achsenkonzept, vor über hundert Jahren erstmals entstanden, sehe Besiedelung und Infrastruktur entlang fester Achsen vor. Ab den Siebzigern und Achtzigern, als viele Familien ins Umland zogen, habe sich allerdings ein „Siedlungsbrei“ ergeben, der den Autoverkehr befördert.
Diese „Suburbanisierung“ drohe sich zu wiederholen, denn die Pandemieerfahrung und die Homeoffice-Möglichkeit führe zu einer vermehrten Besiedelung des Hamburg Umlands – bereits zu spüren an den Immobilienpreisen.
Wie die Mobilitäts-Bedürfnisse der Menschen aussehen, erläuterte der Verkehrsexperte Holger Busche. „Die allermeisten Wege sind kurz“, berichtete der Verkehrswissenschaftler, „die lokale Mobilität ist das, was den Alltag bestimmt.“ Obwohl der Fernverkehr nur ein Achtel der gefahrenen Kilometer ausmache, investiere die Bahn meist in ICEs. Zudem bieten die öffentlichen Verkehrsmittel oft nicht das, was die Menschen brauchen.
Veranstalter Jochen Hilbert (von links), Holger Busche, Jürgen Oßenbrügge und Guido Sempell tauschten sich über die Raumplanung im Großraum Hamburg aus. Foto: Michaela Eschke
Im Kreis Pinneberg werden demnach mehr Bahnhöfe benötigt, insbesondere in Elmshorn mit seinen knapp 50.000 Einwohnern, und gute Radwege zu den Bahnhöfen. Pinneberg sei über die S-Bahn bereits gut angebunden, doch auf der Strecke nach Elmshorn sollten laut Busche die Züge öfter fahren. Von großer Bedeutung sei überdies die Zielführung. „Mit jedem Umsteigezwang verlieren Sie ein Drittel der Fahrgäste“, erklärte er.
Diskussions-Organisator Jochen Hilbert, Mitglied des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und Gründer der „Bürgerinitiative A23 für umweltfreundliche Mobilität“, zieht aus all diesen Infos folgendes Fazit: „Wir müssen uns einlassen auf eine verbindliche Raumplanung, anders hat die Schiene keine Chance. Verwaltungen müssen verstärkt und verbindlich zusammenarbeiten.“ Dazu gehöre auch, Siedlungsschwerpunkte zu bilden.
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